2. Zürcher HOFgesang vom 8. Mai – 6. Juni 2008 (PDF)

HOFgesang wirbt für eine artgerechte Haltung der Stadtmenschen.

Innen- und Hinterhöfe machen einen bedeutenden Anteil aus am urbanen Raum. Die meisten wurden seit den 50er Jahren nach und nach in Parkplätze umfunktioniert, oder aber duch Abschottungsmassnahmen einer gemeinsamen Nutzung entzogen. Damit ist ein grosser Teil der Stadtbevölkerung eines wesentlichen Elements der Wohnqualität beraubt. Erstaunlicherweise waren Qualität und Funktionswandel dieser halböffentlichen Aussenräume für Politik und Fachwelt bisher kaum ein Thema.

Die Behinderung direkter persönlicher Kontakte unter Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund, und zwar in der vertrauten Umgebung, erschwert das gegenseitige Kennenlernen und damit das Verständnis für einander. Dieses Manko sorgt für Konflikte anstelle guter Nachbarschaft.

Abgesehen von zahlreichen Höfen genossenschaftlicher und städtischer Siedlungen, genügt die Mehrheit der privaten unter den weit über 2000 Höfen Zürichs dem Anspruch eines tauglichen Rahmens für soziale Kontakte in keiner Weise. HOFgesang empfielt eine Wurzelbehandlung: Rückführung der zweckentfremdeten Höfe in Begegnungsräume, in Lebensräume.

Mit dem Erklingen der Höfe, klingt auch die Frage an nach der Bedeutung, die wir diesen wertvollen Aussenbereichen geben wollen, die Frage in Form des unmittelbaren sinnlichen Erlebens. Wir laden ein zum Hören und Sehen der Chöre und Höfe.

HOFgesang wirkt als Vermittlerin zwischen den Kulturen und als Kulturvermittlerin.

60 Chöre und 16 Alphörner haben mit dem 1. zürcher HOFgesang 2006 über 100 einladende und trostlose Höfe erklingen lassen. Die Hofsänger/innen wollen die Anwohner/innen Liegenschaftenverwaltungen und Eigentümer/innen ermuntern, ihre Höfe als Lebensräume zu gestalten und zu nutzen, damit gute Nachbarschaft entstehe und gedeihe. Sie wollen damit gleichzeitig der gesellschaftlichen Vereinzelung und Desintegration etwas entgegenhalten, überzeugt davon, dass Singen befreit und singen vereint. Erstmals engagiert sich damit das regionale Chorschaffen aller Generationen, Sparten und Kulturen solidarisch für ein gemeinsames gesellschaftliches Anliegen: Der sozialen Integration eine Chance dank menschenfreundlichen Höfen.

Ausserdem wird der Chorgesang als künstlerisch anspruchsvolle Ausdrucksform, erstmals der breiten Bevölkerung und insbesondere der Jugend buchstäblich nahe gebracht, und nicht bloss dem geübten Konzertpublikum. Chorkultur kann im eigenen Hof kennen gelernt, oder auf neuartige Weise erlebt werden, dort, wo der Austausch mit den Sänger/innen sich zwanglos ergibt, im beiderseitigen Interesse.

Chorklang kann Menschen bezaubern und Höfe erwecken.
Die Chöre selber können darüber hinaus als Modelle für gelebte Nachbarschaft stehen.
Die soziokulturelle Initiative HOFgesang steht unter dem Patronat der Stadt Zürich und wird von Persönlichkeiten der Stadtentwicklung, der Bildung und des Musikschaffens aktiv unterstützt.

Die Hofgesänge heben am 8. Mai mit der Eröffnungsveranstaltung im Hof des Bezirksgebäudes an und schwellen an bis zum 6. Juni, wenn im Hof der Zeughäuser der 700-köpfige Gesamtchor der Hofsänger/innnen erschallt, mit dem der 2. zürcher Hofgesang ausklingt – kurz bevor dann wieder andere «Gesänge» durch die Stadt wogen werden.

HOFgesang eröffnet dem Chorwesen und dem Quartierleben neue Perspektiven, über Zürich und alle Grenzen hinaus, denn das Bedürfnis einander im vertrauten Umfeld zwanglos begegnen zu können, haben Menschen in allen Städten, das Bedürfnis nach Höfen zum Entdecken, Lauschen, sich berauschen, Lachen, Streiten und Ruhen, zum Leben eben.

HOFgesang
Andreas Diethelm, Initiant

1. Februar 2008